Schritt
3: Bereitstellung eines Datenspeichers und geeigneter Hilfsmittel für
die Datenerfassung und Verwaltung (Pilotprojekt Nidwalden) Um die gemäss Schritt
2 zu erhebenden Daten physisch speichern zu können muss ein entsprechend
strukturierter Datenspeicher bereitgestellt werden. Dies kann mit Hilfe
herkömmlicher Hilfsmittel wie z.B. Papierformularen oder mit Hilfe
der elektronischen Datenverarbeitung (Tabellenkalkulation, Datenbank, Geo-Informationssystem
etc.) geschehen. Welche technischen Mittel zum Einsatz kommen, hängt
von einer ganzen Reihe von technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen
ab. Im Fall von Nidwalden liessen sich in diesem Zusammenhang die folgenden
Ziele und Anforderungen eruieren. 1. Ziele und Anforderungen - Die Gemeinde als Datenherr soll
ihre Daten unabhängig von einem bestimmten Produkt nutzen können.
=> Der Wert und die Verfügbarkeit
der Daten steht im Vordergrund. => Die Daten sollen in einem
neutralen, unabhängigen und offenen System verwaltet werden.- Es soll von einem beliebigen
Ort und jederzeit auf aktuelle Daten zugegriffen werden können. Ebenso
soll eine dezentrale Datennachführung unter gleichzeitiger Sicherstellung
der Datenkonsistenz möglich sein.
=> Das System muss den Zugriff
über Intranet / Internet ermöglichen. => Die Daten werden zentral
gehalten.- Das System soll einfach zu bedienen
und kostengünstig sein.
=> Browsertechnologie, keine
teure Clientsoftware !- Konkret soll das System die
Überführung, Visualisierung, Nachführung und Editierung
der vorhandenen DSS-Daten in Kombination mit Fremddaten (z.B. Amtliche
Vermessung) ermöglichen.
=> Integration bestehender
Leitungskataster-Daten => Integration bestehender
GEP-Informationen => Darstellung nach den
Normen SIA/GEO 405 => Nachführungskonzept 1.1. Begründungen: Wieso eine Lösung
über Internet / Intranet ? Das Internet stellt bereits
heute ein leistungsfähiges Netzwerk zur Verfügung, welches von
jedermann mit kleinen finanziellen Investitionen genutzt werden kann. Es
eröffnet die Möglichkeit, Anwendungen mit DSS- und Fremddaten
grossen Benutzerkreisen online und kostengünstig anzubieten. Die entsprechenden
Applikationen und Daten können an einem beliebigen Ort bzw. Provider
plaziert werden. Hinzukommt, dass der Kanton Nidwalden bereits über
ein leistungsfähiges Netzwerk verfügt, an welches alle Gemeinden
und involvierten Stellen angeschlossen sind oder werden.Wieso ein offenes, neutrales
System ? Wie bereits erwähnt
stehen die Daten, deren Verfügbarkeit und die Datenintegrität
im Vordergrund der Überlegungen. Es soll jederzeit möglich sein,
bereits erfasste Daten auf eine neue (z.B. leistungsfähigere) Plattform
zu wechseln. Die Verwaltung der Daten in einem neutralen System erlaubt
den Zugriff ab beliebigen Herstellerapplikationen. Dadurch ist es möglich,
die für den Benutzer optimale Applikation einzusetzen ohne an einen
Hersteller / Anbieter gebunden zu sein. 1.2. Zu klärende
Fragen Unter der Leitung der Arbeitsgruppe
Siedlungsentwässerung Nidwalden wurde im April 1999 das Pilotprojekt
Emmetten gestartet. Es sollte anhand des aus der Nutzungsanalyse Nidwalden
abgeleiteten Datenkataloges die konkrete Anwendung und Einführung in den einzelnen Gemeinden unter
den oben beschriebenen Anforderungen aufzeigen. Dabei sollten insbesondere
auch die nachfolgenden sechs Fragen geklärt werden:
1. Ist der Datenkatalog aus der Nutzungsanalyse Nidwalden eine Modellierung der Entwässerung,
die allen Bedürfnissen entspricht ? 2. Können die bestehenden
Daten mit finanziell vernünftigem Aufwand in die neue Struktur übertragen
werden ? 3. Ist der Datenaustausch
zwischen Datenherr und Bearbeiter auf einfache Weise möglich ? 4. Kann die physische Plazierung
der Daten nach technisch und marktwirtschaftlich optimalen Kriterien ausgewählt
werden ? 5. Bestehen frei wählbare
Tools für den Betrieb, die den Erfordernissen entprechen ? 6. Können sowohl der
Datenkatalog Nidwalden als auch Fremd- und Zusatzdaten in einem Tool normengerecht
visualisiert werden? 2. Vorgehen 2.1. Wahl des Datenspeichers Unter dem Begriff Datenbankmanagementsystem
werden heute Softwaresysteme subsumiert, welche folgende Anforderungen
erfüllen (vgl. [4]): - Es stehen Operationen zur Abfrage
und für Mutationen von Datensätzen oder Mengen von Datensätzen
zur Verfügung.
- Für den Datenbestand definierte
Konsistenzbedingungen werden sichergestellt. Daneben bieten viele Systeme
die Möglichkeit eines Mehrbenutzerbetriebes, dessen korrekte und zügige
Abwicklung ebenfalls dem Datenbankverwaltungssystem übertragen ist.
Bei eintretenden Fehlersituationen (z.B. Programmabbruch) muss zudem für
die Wiederherstellung eines konsistenten Zustands der Datenbank gesorgt
werden.
- Es können nicht nur Benutzerdaten,
sondern auch deren Beschreibung verwaltet werden.
Datenbankmanagementsysteme bilden
die technische Grundlage, um einen Datenbestand auf Dauer und für
den flexiblen und sicheren Gebrauch verwalten zu können (vgl. [5]).
Auch im Fall einer Datenorganisation Siedlungsentwässerung ist ein
Datenbankmanagementsystem als Kernstück der Datenverwaltung die einzig
diskutable Lösung. Die bis heute am weitesten verbreiteten Datenbankmanagementsysteme
sind die Relationalen Datenbankmanagementsysteme (RDBMS). Dabei ist der
Erfolg des Relationenmodells von der Theorie bis hin zur Praxis sichtbar
(vgl. [6]).Zu den Vorteilen eines relationalen
Datenbankmanagementsystems gehören folgende Aspekte: - Bewährte Technik: Relationale
Datenbanken haben sich seit vielen Jahren bewährt und weisen gute
Kennwerte bezüglich Zugriffszeiten und Stabilität aus.
- Einfachheit und Eleganz: Das
Relationenmodell ist ein einfaches Modell mit einer fundierten mathematischen
Grundlage.
- Verfügbare Hilfsmittel:
Es existieren eine Vielzahl von Hilfsmitteln und Standards (ODBC, JDBC
etc.) für den Zugriff auf relationale Datenbanken.
- Verbreitete und standardisierte
Abfragesprache: Mit SQL existiert eine weit verbreitete und standardisierte
Abfragesprache für relationale Datenbanken.
- Bestehende Infrastrukturen:
Städte und Kantone haben bereits in diese Technologie investiert.
Relationale Datenbankmanagementsysteme
stellen heute die Basis dar aufgrund welcher Daten zuverlässig, flexibel
und mittels einer standartisierten Verwaltungs- und Zugriffssprache (SQL)
verwaltet werden können. Auch wenn heute zur Verwaltung räumlicher
Daten noch oft auf proprietäre Systeme zurückgegriffen wird,
so zeigt die aktuelle Entwicklung schon heute dass sich auch hier Datenbankmanagementsysteme
über kurz oder lang durchsetzen werden. Aus diesem Grund wurde als
Basis für die Datenverwaltung im Pilotprojekt Nidwalden ein Relationales
Datenbankmanagementsystem (RDBMS) gewählt. Um die Daten gemäss
den Vorgaben der VSA-Datenstruktur verwalten zu können, musste diese
allerdings zuerst auf einem RDBMS umgesetzt werden. Dies geschah in Zusammenarbeit
mit der EAWAG. Das daraus entstandene Produkt, die Datenbank
Siedlungsentwässerung (DABASE), bildet den Kern der Datenverwaltung
für den Pilot Nidwalden (Abbildung
8 und Abbildung 9).2.2. Bereitstellung der
Grundlagedaten aus dem Leitungskataster Abwasser Als Basis für die Generelle
Entwässerungsplanung (GEP) dienen die Daten des Leitungskatasters
Abwasser. Für die Überführung vorhandener Daten in die DABASE
stehen je nach Quellsystem, verschiedene Schnittstellen / Möglichkeiten
zur Verfügung. Dadurch, dass der Leitungskataster der Gemeinde Emmetten
bereits in einem GIS-System vorlag, wurde der Datentransfer mittels INTERLIS
– Schnittstelle realisiert (Abbildung
10). Es brauchte dazu die Konfiguration der Exportschnittstelle des
Quellsystems, um die Daten im Datenmodell VSA-DSS in ein INTERLIS-Transferfile
(*.itf) zu exportieren. Für diesen Schritt ist es wichtig, das Datenmodell
des Quellsystems und die Datenstruktur Siedlungsentwässerung (VSA-DSS)
genau zu kennen, um die Objekte richtig abzubilden. Je nach Ursprungsmodell
ist die Überführung mit mehr oder weniger manueller Nachbearbeitung
verbunden. Die Überführung
der Gemeinde Emmetten hat aber gezeigt, dass ein Grossteil (95-98 %) der
relevanten Daten mit sehr geringer Nachbearbeitung übernommen werden
kann. Die restlichen 2-5 % sind Objekte, die manuell ergänzt oder
korrigiert werden müssen, da sie im Quellsystem anders oder unvollständig
abgebildet werden und nicht auf automatische oder halbautomatische Weise
transferiert werden konnten. Das resultierende INTERLIS-Transferfile
konnte nun über die vorhandene INTERLIS-Schnittstelle in die Datenbank DABASE eingelesen werden. 2.3. Kostenschätzung
für die Überführung der Leitungskataster-Daten in die DABASE Aufgrund der Erfahrungen
aus dem Pilotprojekt Emmetten muss für die 11 Gemeinden im Kanton
Nidwalden mit Kosten in der Grösse von Fr. 50'000.- gerechnet werden.
Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem einmaligen Anteil Entwicklungskosten
(Konfiguration der Interlis-Schnittstelle GIS – DABASE) und gemeindespezifischen
Anpassungen. Der Aufwand der Entwicklungskosten zu den gemeindespezifischen
Anpassungen steht etwa im Verhältnis 3 : 1. Daraus geht hervor dass
es sinnvoll ist, diese Überführung möglichst über einen
grossen Bereich durchzuführen. Dies ist aber nur dann möglich,
wo viele Kataster auf dem gleichen System vorhanden sind. In Zukunft darf
damit gerechnet werden, dass die Systemhersteller diese Schnittstellen
anbieten und sich damit diese Kosten noch weiter reduzieren lassen. Die
gemeindespezifischen Anpassungen werden bleiben, diese sind aber in einer
vertretbaren Grössenordnung (in Nidwalden somit pro Gemeinde im Durchschnitt
Fr. 1500.-) 2.4. Bereitstellen von
geeigneten Softwarewerkzeugen In der Datenbank sind Daten
in Tabellen gespeichert. Die Anwender möchten Daten aber meistens
in einer aggregierten Form nutzen. So wollen sie beispielsweise Angaben
zum Schacht und den mit ihm verbundenen Kanälen nicht in den unterschiedlichen
Tabellen suchen müssen, sondern in einer einzigen Maske verfügbar
haben (vgl. Abbildung 11) oder
sie grafisch dargestellt haben. Solche Funktionen, welche
dem Anwender Daten aus der Datenbank Siedlungsentwässerung in einer
für ihn aussagekräftigen Form präsentieren, stellen eine
Erweiterung der Datenbank Siedlungsentwässerung in Richtung eines
Informationssystems Siedlungsentwässerung dar. Der gesamte Funktionsumfang
eines solchen Informationssystems wird grundsätzlich durch das Nutzungsszenario
beschrieben. Bei der praktischen Nutzung der Datenbank Siedlungsentwässerung
im Rahmen des Pilotprojektes ist es entscheidend, dass dem Anwender solche
Funktionen zur Verfügung stehen. Die wichtigsten im Rahmen des Pilotprojektes
entwickelten Werkzeuge sind nachstehend kurz beschrieben, ein vollständiger
Überblick kann aus der Tabelle 1 gewonnen werden. 3. Hilfsmittel für
die Datenmutation und Visualisierung: - Dem Anwender sollten unterschiedliche
Masken zur Verfügung stehen, welche ihm das Erfassen und Ändern
der Daten ermöglicht. Gleichzeitig sollte es aber auch möglich
sein Daten aus der Datenbank in Planform abzufragen. Für das Pilotprojekt
sollten dabei folgende Anforderungen erfüllt werden:
- Die Applikation muss über
Internet / Intranet betrieben werden können
- Die Applikation soll die benötigten
Daten direkt aus der Datenbank DABASE holen
- Die Darstellung eines Leitungskatasterplanes
nach der Richtlinie SIA/GEO 405 muss möglich sein
- Die Konfiguration der Ausgabe
/ Darstellung sollte einfach sein
- Die Applikation sollte sich
in eine andere Webapplikation einbinden lassen und über definierte
Schnittstellen (API) verfügen
- Das Tool sollte (zumindest für
den Pilotversuch) kostengünstig sein
- Es müssen auch andere Daten
(z.B. Amtliche Vermessung, Orthophotos) darstellbar sein
Nach Abklärungen im Markt
zeigte sich dass eine Eigenentwicklung der Mutationsmasken in Kombination
mit einem komponentenbasierten (ActiveX) Visualisierungstool am schnellsten
und günstigsten zum Ziel führen würde. Die Wahl für
das Visualisierungstool fiel dabei auf die Software MapGuide der Firma
Autodesk. Sie erfüllte die gestellten Anforderungen und konnte problemlos
in die zur Programmierung der Eingabemasken verwendete Enwicklungsumgebung
(MS Visual Basic) integriert werden. Einschränkend zeigte sich lediglich
dass eine direkte Visualisierung von Linienobjekte aus der Datenbank nicht
möglich ist und eine Lösung mittels eines automatisch generierten
Zwischenfiles (sdf) gefunden werden musste.4. Hilfsmittel für
den Datentransfer: Für den Import und
den Export von Daten in und aus der DABASE wurden zwei Schnittstellenformate definiert: - Einerseits wurde die Datenstruktur
Siedlungsentwässerung (VSA-DSS) im von der Vermessung (Amtliche Vermessung
'93) her bekannten Standard INTERLIS beschrieben.
- Andererseits wurde ein einfaches
ASCII-Textformat zur Abbildung der einzelnen Klassen definiert.
Beide Schnittstellen bilden
die verschiedenen Klassen und Attribute ab. Die Beschreibung der beiden Schnittstellen ist frei verfügbar. Verschiedene GIS System
Hersteller sind daran Schnittstellenprogramme, die diese Formate anwenden,
zu implementieren.5. Integration von GEP-Informationen
durch den Ingenieur Die realisierte Softwarelösung
wurde dem GEP-Ingenieur des Pilotprojektes (Gemeinde Emmetten) unter dem
Namen GEP-Navigator 2 zur Verfügung gestellt. Die Erfahrungen zeigten,
dass die bereits vorliegenden GEP-Informationen mit Hilfe der vorhandenen
Schnittstellen (vgl. Kap. 4.3.4.) und des GEP Navigators grösstenteils
integriert werden können. Für bestimmte Berechnungen, Analysen
und Auswertungen fehlen im Moment aber noch die benötigten Applikationen
auf der Basis VSA-DSS. Diese Applikationen oder entsprechende Schnittstellen
zu bestehenden Systemen sollte aber gemäss Angaben unterschiedlicher
Hersteller bald auf dem Markt sein. 6. Testinstallation Die Pilotanwendung wurde
aus organisatorischen Gründen und zum Testen auf einem Intranet entwickelt
(Abbildung 12). Um das Pilotprojekt
allen interessierten Kreisen zugänglich zu machen und um die Anforderung
der freien Plazierung der Datenbank zu unterstreichen, wurde die Testinstallation auf einen Server der EAWAG transferiert. Die benötigten Hilfsmittel
(GEP Navigator 2 und MapGuide Client) können dort gratis heruntergeladen
werden. 7. Resultate Die anfangs gestellten sechs
Fragen können nach Abschluss des Piloten alle beantwortet werden: - Das Pilotprojekt zeigte dass
die im Rahmen der GEP-Bearbeitung anfallenden Daten mit Hilfe der VSA-Datenstruktur
strukturiert verwaltet werden können.
- Das Pilotprojekt in Nidwalden
hat auch gezeigt, dass es möglich ist bestehende und zukünftige
Daten der Siedlungsentwässerung mit vertretbarem Aufwand in die Struktur
VSA-DSS zu überführen. Dabei stehen verschiedene Tools für
den einfachen Datenaustausch zwischen Datenherr und Bearbeiter zur Verfügung.
- Das Pilotprojekt hat aufgezeigt,
dass der physische Standort der Datenbank Siedlungsentwässerung (DABASE)
frei wählbar ist. Durch die Internet- / Intranettechnologie kann unabhängig
ihres Standortes auf die Datenbank zugegriffen werden.
- Für die Realisierung im
Pilotprojekt wurde ein Softwareprodukt der Firma Autodesk verwendet (->
Beschreibung).
Es steht jedoch jedem Benutzer frei, die Daten aus der DABASE mit vergleichbaren
Werkzeugen anderer Hersteller zu nutzen.
SchlussfolgerungenDas Konzept VSA-DSS ist nicht
nur ein abstraktes Datenmodell sondern hat sich in verschiedenen Pilotprojekten
bewährt und kann auch programmtechnisch umgesetzt werden. Die Philosophie,
dass die VSA-DSS nicht nur einzelne Informationsbedürfnisse abdeckt,
sondern verschiedene Anwender miteinander ins Gespräch bringt, wurde
auch bei der Entwicklung der Werkzeuge zur DABASE
weitergeführt. Einzelne Anwender haben Werkzeuge finanziert und sie
dann zur freien Verfügung gestellt. Andererseits haben sie auch von
den Investionen anderer profitiert. Dies soll auch in Zukunft so weitergehen.
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